Infos zu Rasterpunktformen
und zum Rasterpunktmodell Rpm90


1. Allgemeine Vorbemerkungen zur Rasterung

Man unterscheidet grundsätzlich zwischen:

Der FM-Raster hat bei seiner Einführung große Beachtung gefunden. Das Interesse ist bedauerlicherweise wieder abgeflaut, obwohl dieser Rastertechnik große Vorteile besitzt, wie Verbesserung der Detailzeichnung und Moiré-Freiheit. Zudem wird der darstellbare Farbraum vergrößert, wie spätere Untersuchungen gezeigt haben. Andererseits kann aber nicht wegdiskutiert werden, daß der FM-Raster bei größeren glatten Tönen zu störender Körnigkeit neigt. Hybrid-Lösungen (automatische motivabhängige Umschaltung zwischen FM- und AM-Raster) stehen auf der Wunschliste. Es ist anzunehmen, daß mit zunehmender Verbreiterung der CtP-Technologie (Computer to Plate, Computer to Press) der FM-Raster wieder zunehmen wird. Speziell im Zeitungsdruck wird in diesem Zusammenhang mit einer starken Zunahme des FM-Rasters gerechnet. Mit einem Verdrängen des AM-Rasters durch den FM-Raster ist aber nicht zu rechnen.

Die vorliegende Visualisierung betrifft den AM-Raster, die Entsprechung für FM-Raster muß aus Zeitgründen (vorerst) zurückgestellt werden.

2. Zu den Rasterpunktformen der AM-Rasterung

Diese HTML-Seiten simulieren Rasterungen mit verschiedenen Flächendeckungsgraden und Rasterpunkten mit der "klassischen Rasterpunktform". Als Basis dient die Ausarbeitung Rpm90 des Autors und das gleichnamige Software-Paket. Die Rasterungen sind als Hintergrund hinterlegt. Die grün eingefärbten Teile des Hintergrundes sollen die druckenden Flächen mit dem in der Kopfzeile genannten Flächendeckungsgrad darstellen. Schalten Sie einfach zu den gewünschten Flächendeckungsgraden um. Zusätzlich sind in einer Grafik verschiedene Rasterpunktformen in Farbe dargestellt. Die Flächendeckungsgrade variieren in der Grafik wie folgt von innen nach außen: F = 1%, 2%, 3%, 4%, 5%, 10%, 15%, 20%, 25%, 30%, 35%, 40%, 45% und 50% (Punktschluß mit schachbrettförmiger Punktform). Durch Digitalisierungsfehler können die Abstufungen nicht ganz so exakt wiedergegeben werden wie sie den rechnerischen Werten entsprechen.

Zusätzlich ist der jeweilige Rasterpunktdurchmesser d1 (in Rasterrichtung gemessen) angegeben. Die Angaben gelten für eine Rasterfrequenz von 60 L/cm. Für andere Rasterfrequenzen sind die Rasterpunktdurchmesser umgekehrt proportional zur Rasterfrequenz umzurechnen. Bei R = 30 L/cm sind die Rasterpunktdurchmesser somit doppelt so groß als bei R = 60 L/cm.

Es ist auch für einen angehenden Ingenieur für Druck- und Medientechnik kein Schaden, sich im Schätzen von Flächendeckungsgraden zu üben.

Die "klassische Rasterpunktform" ist durch einen kontinuierlichen Wechsel der Rasterpunktform von nahezu kreisförmigen Punkten in den Lichtern zu einem quadratischen Punktschluß bei F = 50% (Schachbrettmuster) gekennzeichnet. Diese Punktform wurde in einem früheren UGRA-Keil (erster digital produzierter UGRA-Keil, ca. 1974 bis ca. 1981) verwendet.

Die "klassische Rasterpunktform" hat für Ausbildungszwecke nach wie vor ihre Berechtigung, entspricht aber nicht ganz der "optimalen Rasterpunktform" nach dem jetzigen Wissensstand; sie stellt aber die Basis dafür dar.

3. Die optimale Rasterpunktform

Die "optimale Rasterpunktform" wurde ebenso wie die "klassische Rasterpunktform" vom Autor entwickelt und ist z.B. im jetzigen UGRA-Keil (ab ca. 1981) und im PostScript-RIP (RIP = Raster Image Processor) eines bekannten Herstellers realisiert.
Dr.-Ing. Karl Haller, "Einfluß der Rasterpunktform auf die Übertragungsvorgänge bei autotypischen Druckverfahren", FOGRA-Forschungsbericht 6.029, München, 1982. Vergriffen. Die spätere Weiterentwicklung des Autors wird mit "Rpm90" bezeichnet.

Die "optimale Rasterpunktform" weist zwischen F = 42,5% und F = 57,5% eine Kettenform auf, um einen gleichzeitigen Punktschluß an allen vier Ecken mit einem damit verbundenen großen Tonwertsprung zu vermeiden. Der Kettenbereich umfaßt somit 15%, was nach dem jetzigen Wissensstand optimal ist. In den Lichter- und Schattentönen, d.h. von 0% bis 42,5% und von 57,5% bis 100% entsprechen die Rasterpunkte einer in y-Richtung um 15% gestauchten "klassischen Rasterpunktform" und haben somit eine leicht ellipsenähnliche Form. Die folgende Abbildung zeigt die optimale Rasterpunktform.

Optimale Rasterpunktform
Rasterpunktmodell »Rpm90«, Variante "optimale Rasterpunktform", a = 1, b = 1 .. 0,85 .. 1, © Dr. K. Haller

Die Linien stellen Flächendeckungsgrade von F = 5%, 10%, 15%, 20%, 25%, 30%, 35%, 40%, 42,7% (gemeinsamer rautenförmiger Grenzfall von freistehendem und Kettenpunkt), 50%, 57,5% usw. dar.

4. Sonstige Rasterpunktformen

In der früheren fotomechanischen Rasterung wurden zeitweise Raster mit extremen Ketten (von 20% bis 80%) eingesetzt. Davon ist man wieder abgekommen, da extreme Ketten die Detailzeichnung stören. Zudem sind sie bei Lage der Kette parallel zur Achse des Druckzylinders stark doublieranfällig, was besonders beim Rollenoffsetdruck ein Problem darstellt. Somit sollte man auch bei der digitalen Rasterung extreme Kettenraster nicht einsetzen.

Den Begriff "elliptischer Raster" sollte man nicht benutzen, da:

  1. die "elliptischen Rasterpunkte" keine Ellipsen im mathematischen Sinne sind (interessiert den Praktiker nicht so sehr) und
  2. in den Mitteltönen zwangsläufig kettenförmige Rasterpunkte auftreten.

Besser wäre die Bezeichnung "Kettenraster mit 15% Kettenbereich", was der "optimalen Rasterpunktform" entsprechen würde.

Auch die praxisübliche Bezeichnung "Rundpunkt" ist irritierend. Die runde Rasterpunktform, die an sich ideal wäre, kann nicht über den gesamten Tonwertbereich aufrecht erhalten werden. Nach dem Punktschluß liegen "kissenförmige" Rasterpunkte mit ausgeprägten Spitzen vor, die nicht ohne große Tonwertverluste übertragen werden können.

Im DV-Praktikum des Autors wird bei Wunsch ein PostScript-Programm vorgeführt, mit dem eine Vielzahl von Rasterpunktformen mit Hilfe von speziell entwickelten Spotfunktionen auf einem PostScript-Ausgabegerät dargestellt werden kann: Klassische Pasterpunktform, optimale Rasterpunktform, universeller Kettenraster mit Kettenbereich von 0% (klassisch) über 15% (optimal) bis zu 100% (Linienraster), Rasterpunktformen ohne Punktschluß (theoretischer Punktschluß erst bei 100%), Sonderraster wie Hexagonalraster oder Raster mit Herzchenform. Verständlicherweise müssen die meisten Spotfunktionen im Giftschrank aufbewahrt werden; sie würden in der Praxis nur Schaden anrichten. In der Ausbildung der Ingenieure für Druck- und Medientechnik an der Fachhochschule München können die extremen Rasterpunktformen dagegen sehr lehrreich eingesetzt werden.

In dieser Serie steht auch eine Seite PostScript zur Auswahl an. Sie enthält u.a. die PostScript-Spotfunktion für die klassische Rasterpunktform sowie ein komplettes PostScript-Programm, das eine Testform mit allen 256 Tonwertstufen mit der klassischen Rasterpunktform liefert.

5. Zur mathematischen Beschreibung der "klassischen Rasterpunktform"

Der Flächendeckungsgrad wird in der Praxis meistens mit dem Formelzeichen F ausgedrückt und in Prozent angegeben, also F = 0% bis F = 100%. Für die mathematische Behandlung ist der auf die Werte zwischen 0,0 und 1,0 normierte Flächendeckungsgrad Phi zweckmäßiger. Es gilt:

(1)

Die Kontur y = f(x, X1) der "klassischen Rasterpunktform" läßt sich nach dem Rpm90 wie folgt beschreiben:

(2)

x, y: Koordinaten des Rasterpunktes im Einheitsquadrat. x, y = 0,0 ... X1
X1: Normierter Rasterpunktdurchmesser in Rasterrichtung. X1 = 0.0 ... 1.0

Der normierte Rasterpunktdurchmesser X1 hängt mit dem (realen) Rasterpunktdurchmesser d1 und der Rasterfrequenz (Rasterlinienzahl) R wie folgt zusammen:

(3)

Üblicherweise werden der Rasterpunktdurchmesser d1 in µm (Mymeter, 1/1000 mm) und die Rasterfrequenz R in L/cm ausgedrückt. Damit ergibt sich folgende Zahlenwertgleichung:

(4)     Zahlenwertgleichung für d1 in µm und R in L/cm

Für den Zusammenhang zwischen dem Rasterpunktdurchmesser und dem Flächendeckungsgrad existiert keine geschlossene Formel, da sich die Gleichung (2) nicht integrieren läßt. Vom Autor stammt aber eine Approximationsformel, die eine überaus hohe Genauigkeit besitzt. Sie lautet:

(5)

H und E sind Approximationskonstanten mit den Werten:

(6)
(7)

Das Symbol G in der Gleichung (5) ist eine Abkürzung gemäß:

(8)

und besitzt somit den Wert:

(9)

Bezogen auf den Flächendeckungsgrad F in % ist die Genauigkeit der Approximationsformel (5) besser als ±0,06%. Dieser maximale Fehler tritt im Bereich von F = ca. 40% auf; in allen anderen Bereichen ist der Fehler noch geringer. Somit ist die Approximationsgenauigkeit weit besser als die übliche Messgenauigkeit oder die Digitalisierungsgenauigkeit.

Die Gleichung (5) läßt sich auch zu X1 = f(Phi) invertieren. Man erhält:

(10) Sorry, der WinWord-Formeleditor macht die eckigen Klammern hier etwas zu hoch und zu dick

Das Rpm90 enthält über die beschriebenen Merkmale hinaus eine Verallgemeinerung der Rasterpunktform, mit der sich auch kissen- und tonnenförmige Rasterpunkte darstellen lassen (nur Bildschirmausgabe, nicht PostScript), sowie ein Berechnungsprogramm, mit dem sich Flächendeckungsgrade von praktisch beliebigen Rasterpunktformen (klassisch, optimal, kissenförmig, tonnenförmig) bestimmen lassen. Im allgemeinen Fall müssen dazu drei mikroskopisch gemessene Rasterpunktdurchmesser vorliegen:


Nachtrag im Mai 2021: "Rasterberge" für das klassische Rasterpuntmodell in trigonometrischer
Darstellung als Basis für PostScript-Spotfunktionen. Das untere Bild gilt für eine Rasterdrehung um 45°.
Abbildungen erstellt mit WolframAlpha.


31.08.1999, Prof. Dr.-Ing. Karl Haller, Fachhochschule München, Studiengang Druck- und Medientechnik

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